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Mathematikunterricht im Wandel der Zeit

Der Mathematiklehrer der Dorfschule

Um heute als Mathematiklehrer an einer Schule unterrichten zu dürfen, muss zuvor ein 5-jähriges Studium und eine anschließende Referendars Zeit absolviert werden. In diesem Studium lernen die angehenden Lehrer neben einem tieferen Mathematik Verständnis auch viele methodische und didaktische Anwendungen.

„Die Dorfschule von 1848“ von Albert Anker

An Dorfschulen wie hier in Daxberg hingegen unterrichtete ein Lehrer nicht nur Rechnen sondern auch Lesen und Schreiben und dies mit Schülern mehrerer Altersstufen gleichzeitig. Dieser hatte daher auch meist kein Mathestudium absolviert, es reichte stattdessen, dass dieser die Grundkenntnisse der Mathematik beherrschte.

Der Lehrerberuf war lange Zeit nicht sehr angesehen, die Bezahlung sehr gering. Um genug Geld zum Leben zu haben, hatten deshalb viele Lehrer noch einen zweiten Job.

Für den Mathematik Unterricht hatten die Lehrer aufgrund des Zeitmangels und der mittelmäßigen Qualifikation Methodische Begleithefte an welchen sie sich orientieren konnten.

Im Dorfschulmuseum sind neben den zahlreichen Schulbüchern auch einige dieser Lehrerhefte zu finden. Im Folgenden ist ein Ausschnitt aus einem solchen Buch zu sehen. Es wird das Thema „Verdoppeln und Halbieren“ eingeführt. Dem Lehrer wird darin eine Anleitung mitgegeben mit welchen Beispielen er den Schülern diese beiden Begriffe erklären kann. Es folgen anschließend mehrere Aufgaben dazu. Ein weiteres Beispiel ist links anhand der Bestimmung bei Zahlmomenten erläutert. Es handelt sich hierbei um Ausschnitte aus dem obigen Werk „Das Rechnen der Volksschule“ von Dr. E. Wilk.

Im Museumsachiv sind neben diesen beiden Beispielen noch viele weitere spannende Lehrthemen in alten Lehrerhefte zu finden. Diese stammen teilweise noch aus den 1920 Jahren und sind somit schon über 100 Jahre alt.

Gestaltung der Mathematikbücher im Laufe der Zeit

Neben dem Inhalt der Mathematikbücher, hat sich auch das Aussehen und die Gestaltung maßgeblich verändert. 

In diesem Buch von 1931 fällt einem sofort die einfache Gestaltung auf. Der Einband ist schlicht und ohne einladende Bilder. In der Aufgabe daneben sind ein paar einfache Zeichnungen eines Körbchens, eines Huts und eines Krugs zu sehen. Diese Skizzen sollten den Schüler und Schülerinnen wahrscheinlich zur Veranschaulichung dienen. Auffallend ist auch die Altdeutsche Schrift.

Mathematikaufgabe aus dem Jahre 1931 für das erste Schuljahr

Hier ist der Einband nicht mehr so schlicht gestaltet und man erkennt sofort aus welcher Zeit dieses Buch stammt. 1943 wurde zwar keine altdeutsche Schrift mehr verwendet und die Kapitel werden mit Bildern geschmückt. Dennoch scheinen die Aufgaben im Vergleich zu heutigen Mathematikaufgaben etwas monoton zu sein.

Vergleicht man diese zwei Beispielbücher aus den Jahren 1931 und 1943 mit den heutigen Mathematikbüchern, fallen einem die farblosen Seiten direkt ins Auge. Es wirkt so, als würde der Zweck dieser Bücher im Vordergrund stehen. Heutzutage wird sehr viel Wert auf die Gestaltung der Aufgaben gelegt, damit die Schüler und Schülerinnen einen visuellen Anreiz haben. Wahrscheinlich war Farbe in dieser Zeit einfach zu teuer.

Rechenmittel im Dorfschulmuseum

Im Dorfschulmuseum wurden verschiedene Rechenmittel als Hilfsmittel für den Mathematikunterricht verwendet.

Der Abakus

Der Abakus ist ein Recheninstrument, das seit Jahrtausenden in verschiedenen Kulturen verwendet wird. Er besteht aus einer flachen Holz- oder Metallplatte, auf der sich horizontale Stäbe befinden, die jeweils mehrere runde Perlen tragen. Durch Verschieben dieser Perlen auf den Stäben können Rechenoperationen durchgeführt werden. Der Abakus wurde besonders in der Antike und im Mittelalter aber auch noch in der Moderne als Hilfsmittel für den Handel, die Wissenschaft und die Verwaltung eingesetzt. Obwohl moderne elektronische Rechner den Abakus weitgehend ersetzt haben, wird er in einigen Ländern immer noch in Schulen gelehrt und von Menschen verwendet, die ihn als praktisches Werkzeug schätzen. Im Dorfschulmuseum sind einige Abaki zu finden, die im Schulunterricht verwendet wurden.

Der Rechenschieber

Der Rechenschieber wurde im 17. Jahrhundert erfunden, um mathematische Berechnungen schneller und genauer durchzuführen. Der niederländische Mathematiker und Physiker Christiaan Huygens verbesserte das Gerät in den 1650er Jahren erheblich. Im Laufe der Zeit wurden mehr Skalen hinzugefügt, um eine größere Anzahl von Berechnungen durchzuführen. Der Rechenschieber blieb bis zur Erfindung von Taschenrechnern und Computern um 1975 ein wichtiges Werkzeug für Wissenschaftler, Ingenieure und Buchhalter. Der Umgang mit dem Rechenschieber wurde bereits in der Schule gelehrt.

Der Rechenschieber ist ein mechanisches Gerät, das in der Vergangenheit weit verbreitet war, um mathematische Berechnungen durchzuführen. Es wurde erfunden, um komplizierte mathematische Probleme schneller und genauer zu lösen als durch manuelles Rechnen. Er besteht aus einer rutschfesten Basis und einem verschiebbaren Stab, der auf der Basis gleitet. Der Stab hat mehrere Skalen und Markierungen, die zur Durchführung von Berechnungen verwendet werden. Jede Skala hat eine bestimmte Anzahl von Ziffern oder Einheiten, die zur Darstellung von Zahlen verwendet werden.

Mathematikaufgaben im Laufe der Zeit

Jedem angehenden Lehrer wird beigebracht die Mathematik praxisnah zu unterrichten. Dieses Prinzip ist keine neue Erfindung. Schon vor Hunderten von Jahren wurde Mathematik gelehrt, um die alltäglichen Rechenaufgaben zu bewältigen. Wir schauen uns heute ein Paar Aufgaben aus den Verschiedenen Jahrzenten der Schulmathematik an und schauen, wie sich die Aufgaben über die Zeit entwickelt haben.

Vergleichen wir zwei Aufgaben. 

Aufgabe aus einem Mathebuch von 1951.
Aufgabe aus einem Mathebuch von 1929

Der Vergleich dieser Aufgaben zeigt, dass sich an der Mathematik grundsätzlich nicht viel geändert hat. Das Rechnen mit Brüchen ist beispielsweise heute wie früher ein wesentlicher Bestandteil. Im Vergleich zu heutigen Mathebüchern zeigt sich aber, dass die Didaktik noch keinen großen Einfluss genommen hat. Die Aufgaben sind kaum bis gar nicht mit Aufgabenstellungen verbunden. 

Neben den klassischen Rechenaufgaben sind Textaufgaben ebenso wichtig.

Wie sich diese Verändert haben schauen wir uns an einem weiteren Beispiel an.

Textaufgabe aus einem Mathebuch von 1938

Neben der altertümlichen Schrift sind auch hier kaum Unterschiede zu aktuellen Textaufgaben ersichtlich. Was dennoch auffällt ist die Realitätsnähe. Früher wurde deutlich häufiger mit Themen aus dem alltäglichen Leben gerechnet. Heutzutage erscheinen viele Textaufgaben eher konstruiert statt Lebensnah.

Hat sich also gar nichts geändert?

Man kann durchaus sagen, dass sich in dem Grundgedanken und den Aufgaben der Mathematik nicht viel verändert hat. Was sich deutlich geändert hat ist der Anspruch an die Schüler. Viele Themen wie Funktionen oder Ableitungen sind selbst in Büchern für die „höheren Knabenschulen“ nicht zu finden. Dies steht im Einklang mit einer typischen Dorfschule, da hier nicht das Ziel war die Hintergründe und Möglichkeiten der Mathematik zu lehren, sondern die Schüler sollten lernen zu welchem Preis sie Mehl verkaufen konnten oder wie der Ertrag des Feldes war. 

Ein ganz besonderer Schatz im Dorfschulmuseum

Das Dorfschulmuseum beherbergt eine Vielzahl von Mathebüchern aus den verschiedenen Jahrzehnten des 20ten Jahrhunderts. Doch ein Buch sticht dabei heraus, das Buch „Facillima Artis Arithmeticae Methodus“, was übersetzt „Die einfachste Methode der Rechenkunst“ bedeutet. Es stammt aus dem Jahre 1748 und wurde von Johann Lechner verfasst. Dieses Buch soll die notwendigsten Mathematischen Fähigkeiten, wie schriftliche Division oder das Rechnen mit Brüchen, lehren. 

Titelseite des „Facillima Artis Arithmeticae Methodus“

So spannend wie dieses Buch ist, so schwer ist es auch zu lesen. Die Schrift ist nur schwer zu entziffern und viele verwendete Symbole finden heut keine Anwendung mehr. 

Beispielrechenaufgabe auf des Buch „Facillima Artis Arithmeticae Methodus“